Mit schmalen Schnitten und zarten, schlichten Stufen, die er nebeneinander auffächert,
lässt der Bildhauer NICOLAE MARINICA Skulpturen entstehen, die gleichzeitig Dynamik und Ruhe ausstrahlen.
So gelingt ihm, Kunstobjekte zugleich edel und lapidar erscheinen zu lassen.
Schlanke Kanten und gezielte Schnitte reiht er zu einem skulpturellen Raum, den er stereometrisch klar aufbaut. Seine Skulpturen suchen den Weg und schaffen dadurch den Umraum.
Marinicas Skulpturen sind keine utopischen Schwärmereien, sondern echte Abbilder,
tatsächlich realisierbare Modelle für architektonische Projekte.
Skulpturen, in Konstruktionen umgesetzte Baupläne, in Stein gehauene Visualisierung
zeitgemäßer Gestaltungselemente. Skulpturen, die erst unsere heutige Technologie ermöglicht hat,
in adäquatem Material manifestierte Ideen.
Die Werke Marinicas sind nicht starr, sondern flexibel. Ihre Funktion, ihre Aufgabe, ja ihr Zweck ist
vielfältig assoziativ: Runde Volumen etwa wirken wie Zitate weiblicher Attribute.
Die Fläche hingegen tritt rein, pur und unverfälscht hervor und wird durch großzügige Linienführung
zur formtragenden Bildsprache.
Die Objekte stehen für Gedankensplitter, sind Aphorismen, die sich, nebeneinander gereiht, bei näherer Betrachtung in ein philosophisches System einfügen. Geometrisch strenge Formen stellen Direktanknüpfungen zur "minimal art" her, die in der Folge durch Demontage (der Künstler spricht von "Dekonstruktion") und durch Wechsel zu anderen Deutungsmöglichkeiten (der Künstler nennt es "Alternation") mit Hilfe graphisch angeordneter Schnitte und Zwischen-Stufen neue Assoziationen auslösen.
Tief gefräste Linien werten die ursprünglich glatte, unversehrte Oberfläche des Scheins und Seins auf. Unterschiedlich wahrnehmbare Oberflächenspannungen haben Reduktion und Konzentration zum Ziel, bis hin zu einem Widerstreit (der Künstler nennt es "Antagonismus") zwischen Volumina und Flächen, zwischen Kanten und Schnitten. Aus dem Chaos unendlich vieler möglicher Formen heraus unternimmt der Bildhauer den Versuch der Deutung der verwendeten Elemente als einer eigenen Ordnung.
Nicolae Marinica meint zu seiner künstlerischen Entwicklung, in früheren Werken sei er "zwischen der Kontingenz des Gegenständlichen" (der Möglichkeit, dass eine Sache anders beschaffen sein könnte, als sie tatsächlich ist) und der "Transzendenz des Abstrakten" (der die Grenzen der Erfahrung und des sinnlich Wahrnehmbaren überschreitenden Beschaffenheit frei erfundener Formen) gependelt. Nun habe er Wege vom Figuralen zum Abstrakten eingeschlagen.
In seinen Skulpturen stehe jedes Strukturelement für sich und doch zugleich in fast (mühe)losem Kontakt zu einem anderen, eine Einheit bildend, die einem stets erweiterbaren Strukturraum zustrebt, die Stein an Stein zu einer Steingruppe reiht. Flächen, Linien, Kanten und Wölbungen rücken dabei harmonisch zusammen und definieren die vorhandenen Räume, die der Betrachter von Stufe zu Stufe erschließen kann.